Ulf Merbold (* 20. Juni 1941 in Greiz) ist ein deutscher Physiker und Astronaut. Er war 1983, fünf Jahre nach dem DDR-Kosmonauten Sigmund Jähn, der erste Bürger der Bundesrepublik Deutschland im All. Merbold und Jähn wuchsen nur etwa 40 Kilometer voneinander entfernt im Vogtland auf.
Als Einzelkind eines Lehrerehepaares wuchs Ulf Merbold in Wellsdorf und ab 1945 in Kurtschau bei Greiz auf. Er wurde im September 1948 eingeschult, kam nach vier Jahren Grund- auf eine Zentralschule und wechselte 1956 auf die Theodor-Neubauer-Oberschule (das heutige Ulf-Merbold-Gymnasium Greiz). Dort legte er vier Jahre später sein Abitur ab. In der Deutschen Demokratischen Republik Physik zu studieren wurde ihm verwehrt, weil er weder Mitglied in der Jugendorganisation FDJ noch in der Einheitspartei SED war. Er entschloss sich deshalb, die DDR zu verlassen und ein Studium in West-Berlin zu beginnen.
Im November 1960 reiste Merbold nach Ost-Berlin und ging über die damals noch offene Grenze in den Westteil der Stadt. Ein Jahr musste er die dortige Fachschule besuchen, weil sein DDR-Abitur nicht anerkannt wurde. Danach konnte er endlich sein Physikstudium beginnen.
Nach drei Semestern entschied er sich nach Baden-Württemberg zu gehen. In Stuttgart schrieb er sich 1962 an der Universität Stuttgart ein und erhielt sechs Jahre später sein Diplom. Er schrieb an seiner Dissertation („Strahlenschädigung von stickstoffdotiertem Eisen nach Neutronen-Bestrahlung bei 140 Grad Celsius mit Hilfe von Restwiderstandsmessungen“). 1976 wurde er an der Universität Stuttgart zum Dr. rer. nat. promoviert.
Merbold trat 1973 in das Stuttgarter Max-Planck-Institut für Metallforschung ein. Zunächst als Stipendiat, war er nach seiner Promotion als Mitarbeiter angestellt. Dort war er hauptsächlich auf dem Gebiet der Festkörper- und Tieftemperaturphysik tätig.
Im April 1977 hatte die damalige Deutsche Forschungs- und Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt nach Experimentatoren für das Raumlabor Spacelab gesucht, woraufhin sich Ulf Merbold bewarb. Die Europäische Weltraumorganisation (ESA) suchte Bewerber, um ihr erstes Europäisches Astronautenkorps aufzubauen. Den Aspiranten wurde in Aussicht gestellt, in dem von der ESA gebauten Raumlabor an Bord des amerikanischen Space Shuttle forschen zu können. Insgesamt reichten rund 2.000 Wissenschaftler ihre Unterlagen ein – davon 700 aus der Bundesrepublik. Im Dezember 1977 wurden vier Kandidaten ausgewählt, von denen ein halbes Jahr später nur noch drei übrig blieben: neben Ulf Merbold noch der Schweizer Claude Nicollier und der Niederländer Wubbo Ockels.
Alle drei ESA-Astronauten bereiteten sich gemeinsam auf die Teilnahme am ersten Flug des Spacelab vor, bis im Herbst 1982 die Wahl endgültig auf Merbold fiel. Unter dem Kürzel STS-9 wurde der Shuttle-Flug ein Jahr später unter dem Kommando von John Young durchgeführt, wobei Ulf Merbold der erste Nicht-US-Bürger auf einer Raumfähre war. 72 wissenschaftliche Experimente in acht Disziplinen standen auf dem Programm, von Biologie, über Plasmaphysik und Astronomie bis zu Materialwissenschaften. Anschließend kümmerte sich Ulf Merbold als Reserve-Nutzlastexperte und Verbindungssprecher um die erste rein deutsche Spacelab-Mission D1, die im Herbst 1985 stattfand. Am ESA-Standort Noordwijk in den Niederlanden arbeitete er anschließend an der Planung des Raumlabors Columbus, dem europäischen Beitrag zur Internationalen Raumstation (ISS), bis er die Leitung des DLR-Astronautenbüros in Köln übernahm.
Ende 1988 wurde Ulf Merbold als einer der Kandidaten für eine weitere Spacelab-Mission aufgestellt: drei Jahre trainierte er für STS-42, das erste internationale Unternehmen für Schwerelosigkeitsforschung. Eine Woche forschte er im Januar 1992 (als erster gesamtdeutscher Raumfahrer im All) zusammen mit seiner kanadischen Kollegin Roberta Bondar an Bord der Raumfähre Discovery.
Nachdem Ulf Merbold die wissenschaftlichen Aspekte beim zweiten deutschen Spacelab-Flug D-2 koordinierte, trat er im August 1993 eine Ausbildung im Juri-Gagarin-Kosmonautentrainingszentrum in Moskau an. Gemeinsam mit dem Spanier Pedro Duque trainierte er für den europäisch-russischen Kooperationsflug „Euromir 94“. Duque wurde zum Ersatzmann für den Deutschen bestimmt, der Anfang Oktober 1994 mit den Kosmonauten Alexander Wiktorenko (Kommandant) und Jelena Kondakowa (Bordingenieurin) mit dem Raumschiff Sojus TM-20 zu seinem dritten Raumflug aufbrach. Einen Monat lang arbeitete er als erster ESA-Astronaut auf der russischen Raumstation Mir und absolvierte den bis dahin längsten Aufenthalt eines Westeuropäers im All.
Seit 2004 ist Ulf Merbold als Raumfahrer pensioniert.
Seit dem 09.09.2010 trägt unser Gymnasium seinen Namen.
Quelle: Wikipedia
Portrait Ulf Merbold beim WDR